Die Kochtüten-Generation

Die Kochtüten-Generation

Die Kochtüten-Generation

Weltkonzerne wie Nestlé, Unilever, Kraft und Co erwirtschaften jährlich Milliarden Euro. Statistiken gehen davon aus, dass rund 48 Prozent der erwirtschafteten Gewinne in die Markenpräsenz fließen. Diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Das bedeutet, es werden mit aufwändigen Marketingkonzepten die Eigenmarken wie Knorr, Maggi und Co in Szene gesetzt. Dem Verbraucher wird vorgegaukelt, es handele sich um viele kleine bodenständige Unternehmen, in Wirklichkeit sind es weltweit rund zehn globale Konzerne, die eine perfekt inszenierte Marken-Propaganda betreiben.

Werbefloskeln wie „Good Food“, „good Life“ oder “die Natur ist unser Vorbild” funktionieren seit Jahren in Perfektion. Der Markt boomt. Die Generationen der Frauen und Männer, die nicht mehr fähig sind einen Pfannkuchenteig selbst herzustellen, ist in den Augen der Konzerne endlich da. Erzeugt wurde diese Generation von genau diesen Heuschrecken der Lebensmittelbranche.

Dazu kommt, dass in unserem schnelllebigen Alltag die Zeit für das Kochen fehlt. So spaltet sich die Gesellschaft in zwei ganz unterschiedliche Richtungen. Eine Minderheit der Bevölkerung lebt gesundheitsbewusst, kocht täglich mit frischen Zutaten und hat einen Bezug zum Lebensmittel. Bewegungen, ja, man kann sie Bewegungen nennen, wie die vegetarische Ernährungsform in den 90er Jahren oder der Vegan-Trend im jetzigen Jahrzehnt, belegen das.

Doch der Großteil der Bevölkerung frisst jeden Müll. Dafür gibt es keinen anderen Ausdruck.

Das Fatale daran ist, dass die meisten Menschen gar keinen Geschmack mehr besitzen. Sie haben den sensiblen Geschmack für feine Lebensmittel verloren. Die Lebensmittelkonzerne haben verstanden, den menschlichen Geschmack soweit zu beeinflussen, dass der Konsument mit Fertigfood zufrieden ist; ja sogar glücklich ist.

Aber es ist nicht nur eine Sache des Geschmacks, es ist auch der Umgang und der Respekt, den Lebensmittel eigentlich verdienen. Ich persönlich habe kein Problem damit, dass Tiere zum Verzehr gezüchtet und verarbeitet werden. Aber ich habe sehr wohl ein Problem, wenn Tiere gezüchtet, getötet werden und danach nutzlos im Müll landen. Wenn Tiere zu lebenden Kadavern herangezogen werden und die einzige Devise lautet: Gewicht um jeden Preis, denn einzig und allein das bringt Umsatz und somit Gewinn.

Vor kurzem fragte eine Freundin meiner dreizehnjährigen Tochter, was das “rote Harte” im Salat sei. Es war Paprika, sie kannte es einfach nicht. Haben wir als Eltern nicht auch die Verantwortung, unseren Kindern beizubringen, welches Lebensmittel woher kommt, wie es verarbeitet wird und wie es schmeckt?

Und nein, das Argument, gutes Essen sei teuer, lasse ich nicht gelten. Es ist günstiger als Fertigfutter. Mir fallen unzählige Gerichte ein, die in der Herstellung unter einem Euro pro Person liegen. Denken Sie an selbstgemachte Spaghetti mit einer schönen pikanten Tomatensoße. Denken Sie an selbst gemachtes Kartoffelpüree und feines Karottengemüse. Die Liste ließe sich beliebig erweitern.

Hochinteressant finde ich den Bio-Sektor. Sobald sich in diesem Bereich ein Skandal nur andeutet, wird er hochgeputscht und medial vermarktet, um eine Anti-Bio-Kampagne zu starten. Die Lebensmittelmonster spielen da liebend gerne mit.

Wenn man darüber nachdenkt, wie die Zucker-Mafia den Vertrieb von Stevia (Zuckerersatz auf pflanzlicher Basis) zu verhindern versucht hat, wird klar, dass die großen globalen Heuschrecken der Lebensmittelindustrie längst das Monopol auf Nahrungsmittel besitzen.

Immer höhere Gewinne, immer minderwertigere Nahrungsmittel belegen das. In ihrer Entwicklung haben es die Konzerne geschafft, sich ihre eigenen Kunden zu züchten. Masse statt Klasse ist die Devise. Die Auswirkungen auf unsere Gesundheit sind noch gar nicht abzusehen.

Wir Verbraucher machen es den Konzernen auch sehr leicht. Wir fordern es ja förmlich heraus. Kochen muss schnell gehen: Tüte auf, Wasser dazu und alles ist perfekt.

In unsere Automobile schütten wir das teuerste Hochleistungsöl, gerne der Liter für 30 Euro. Das Olivenöl, das wir über unser Essen in unseren Körper schütten, soll möglichst unter drei Euro kosten. Hier stimmen die Verhältnisse nicht mehr.

Die Lebensmittelindustrie wird in den nächsten Jahren einen weiteren Boom erleben. Denn die Generation, die noch mit Nahrungsmitteln umgehen konnte, stirbt langsam weg. Eine biologische Entwicklung, die den Lebensmittel-Großkonzernen weitere Milliarden Gewinne sichert.

Auch so mancher Fernsehkoch hat längt seine Überzeugung für gute Nahrungsmittel an diese Konzerne verkauft, im Gegenzug für millionenschwere Werbeverträge. Glauben Sie allen Ernstes, dass ein Koch ein Produkt, das mit seinem Logo vermarktet wird, selbst essen würde? Ich bezweifle das.

Das Zauberwort heißt Lizenzvertrag. Die Lebensmittelchemiker kreieren ein Produkt, dann wird bei den Fernsehköchen angefragt, ob sie ihren Namen für die Produktvermarktung zur Verfügung stellen würden. Wird man sich einig, sehen wir Verbraucher kurze Zeit später auf den Verpackungen sympathische Fernsehköche, und diese erhalten dann ihre drei bis sechs Prozent des Umsatzes. Das nennt man Marketing.

Na dann, Mahlzeit
Ihr Martin Bühler

Keine Macht den Radikalen

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8 .Januar 2015
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24. März 2015
Martin Bühler

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Mein Lebensmotto war und ist: Das Leben schreibt die interessantesten Storys.

11 Kommentare zu “ Die Kochtüten-Generation

  1. Was meine gesamte Familie betrifft, kochen wir alle gerne und probieren auch gerne Neues aus. Habe 5 Töchter und viele Pflegekinder großgezogen, die alle gerne am Kochtopf standen.
    Was Bio gemüse und Obst betrifft, je nach einkommen haben manche Menschen diese Wahl nicht. Solange Tütenessen billiger als gesunde Nahrungsmittel sind ändert sich da nix, da hilft auch das Bewusstsein nichts.
    Fand den Artikel sehr informativ, aber : beide Seiten anschauen, die Armen würden bestimmt auch lieber Essen wie ::essen!
    Schöne produktive Woche!
    Hiltrud

    • Liebe Hiltrund,
      vielen Dank für Ihren Kommentar, den ich in vielen Teilen zustimme.
      Nur bei dem finanzielle Aspekt stimme ich nicht zu, natürlich kann sich nicht jeder von BioNahrungsmittel ernähren.Trotzdem ist gesunde, einfache Küche günstiger wie Fastfood.
      Beste Grüße:
      Martin Bühler

  2. Ich denke, was die meisten hauptsächlich von einer einfachen und gesunden Ernährung abhält sind nicht die Sachzwänge, die reden wir uns ein. Es ist auch nicht (alleine) fehlende Disziplin. Nein, wir überfrachten unsere Beziehung zum Essen!
    Wir sollten alle überflüssigen Bedeutungsgehalte entfernen, das Essen entmystifizieren: Essen ist Nahrungsaufnahme. Ich esse, um zu leben. Ich esse nicht, um zu entspannen, geliebt zu werden, mich gut zu fühlen, oder was für Ausreden mir sonst noch von der Werbung nahegelegt werden, sondern wenn ich Hunger habe.

    • Liebe Sandra,
      vielen Dank für Deinen Kommentar.Da bin ich aber doch etwas anderer Meinung.
      Essen ist schon ein wichtiger Teil von meiner Tätigkeit.
      Essen ist Leidenschaft und purer Genuß für mich.
      mit seinem Umfeld etwas leckeres gemeinsam zu kochen ist etwas wunderbares.
      Liebe Grüße, vielleicht sollten wir mal einen Kochabend einlegen :)

  3. Es ist beides wahr: Essen ist etwas unglaublich Schönes, wenn man ZEIT hat, genauso wie kochen. Nur viele Menschen haben diese Zeit nicht, weil sie morgens eilig aus dem Bett springen um zur Arbeit zu fahren und abends einfach zu müde sind um zu kochen. Das schaffen sie am ehesten dann am Wochenende.
    Ich hab das Glück jeden Tag frisches Essen für meine Familie zuzubereiten, aber dann kannst du dir auch ständig Dinge anhören, wie: “iss keinen Weizen, der ist ungesund, iss das Obst nicht zum Nachtisch, das schadet der Verdauung, iss dieses Lebensmittel getrennt von jenem, nimm viele Nahrungsergänzungsmittel zu dir, denn in unseren Lebensmitteln sind kaum noch Vitamine und Mineralstoffe drin (ausgelaugte Böden/ Überdüngung), koche die Lebensmittel nicht, damit machst du alle Nährstoffe kaputt usw.”- das könnte man noch ewig so fortführen. Und das kann schon kirre machen, oder? Dieser Hype ums Essen?

  4. Stimmt auf ganzer Linie.
    Ich bin (leider) auch mit Tütenessen groß geworden. Allergie, Hautekzem und nun selber in der Mutterrolle brachten mich zum Umdenken. Und plötzlich stellt man fest, dass man Geschmacksknospen hat und die gesundheitlichen Probleme bilden sich zunehmend zurück- und das obwohl Allergien (laut Schulmedizin) sich nicht zurückbilden können. Meine Kinder lieben es mitzukochen, Gemüse selber zu schnipseln und selber mit (echten) Gewürzen abzuschmecken.
    Bio-Lebensmittel sind unbedingt empfehlenswert, aber leider kann sich nicht jede Familie diese auch leisten. In der heutigen Gesellschaft muss man es schon als Erfolg betrachten, wenn in den Familien der “innere Schweinhund” überwunden wird und überhaupt selbstgekocht wird. Und gerne werden Fischstäbchen oder Miracoli als selber kochen bezeichnet ;-)

  5. Ich finde den Artikel gerade sehr interessant………………

    Allerdings sehe ich einige Antworten etwas anders, denn “Tütenessen” ist mit Sicherheit nicht billiger, zumal wenn man davon eine ganze Familie ernähren muß. Es sind nur geringe Mengen mit super viel Kalorien und überhaupt keinem Geschmack. Ich kann zwar verstehen, wenn man sich mal ein “schnelles Essen” kocht, aber ständig…….also das wäre nichts für mich. Bei uns beim Schlachter kann man sich an bestimmten Tagen selbstgekochtes Essen kaufen und das wird unheimlich gut angenommen.
    Zu den Bio-Lebensmitteln………ist es wirklich immer Bio……? Also ich persönlich glaube das nicht. Ich wohne auf dem Lande und wie oft sehe ich die Bauern ihre Felder spritzen…!? Allerdings weiß ich ganz genau, dass diese Lebensmittel später als “Bio” verkauft werden.
    Ich habe für meine Mutter vor einiger Zeit Karotten beim Bauern gekauft und er hat sie selbst auf seinen Feldern. Sie waren zwar nicht gerade günstig, aber das war meiner Mutter egal. Irgendwann später sollte ich wieder welche besorgen und die Tochter war im Laden. Wir haben uns unterhalten und ich habe u.a. von den “eigenen Karotten” gesprochen. Sie hat mich ganz verdutzt angeguckt, denn die waren doch tatsächlich vom Großmarkt. Billiger waren sie allerdings nicht…………..

    • Liebe Elke,
      ich persönlich definiere Bio auch ganz individuell.
      Bio muss nicht zwanghaft zertifiziert sein.Für mich ist Bio eben auch Bio wenn ich es von meinem Bauern um’s Eck erhalte.Dazu muss der Bauer nicht unbedingt Bio zertifiziert sein.
      Bio heißt für mich Nachhaltigkeit, kurze Transportwege und somit aus der Region.
      Vielen Dank für Deine Meinung

  6. Als ich gerade Sandras Komentar laß viel mir ein Erlebnis in einer Kochgruppe ein.
    Zur Spargelzeit gab es Spargel mit Salzkartoffeln und “Souß Hollondaise”. Da man für 10 Personen schon einige Eier für die Hollondais braucht, wunderte ich mich darüber das keine Eier da waren. Die brauchte man auch nicht. Dafür hatte man Tetrapacks. Auf denen stand im Kleingedruckten kein Wort von Eiern und Butter… sondern frei übersetzt, das es sich um chemisch passend abgetönt.. und abgeschmecktes billiges Speiseöl u. Fett handelt. Für meinen Geschmack schmeckte das Zeug auch noch deutlich ranzig. Als ich dann fragte ob die Damen denn wissen was sie da essen kam zur Antwort : “Wieso ?… schmeckt doch”. Da ich das Zeug nicht essen wollte machte ich mir eine Mehlschwitze… Butter, Mehl, Milch,… Sahne… Spargelwasser… Salz, Pfeffer, Muskat, und ein Spritzer Zitrone. Die Souße brauch ich für die Kartoffeln… nicht für den Spargel.

    Was Sandra wohl meint…? Ob man das Essen genug entmystifiziert wenn einem dessen Inhalt so egal ist, wie den Damen dort…. oder ob es zu viel Mystic ist, sich angesichts so einer “chemischen Keule” mit einfachsten Mitteln völlig natürlich.. und auch noch preiswerter.. selbst zu helfen ?

    :-) Helmut

    • Es ist wirklich erschreckend was alles in unserem Essen erhalten ist.
      Ich gehöre sicher nicht zu den Radikal denkenden Menschen.Gelegentlich einen Burger oder Chips bringen niemanden um.Mich persönlich reizen diese Lebensmittel aber überhaupt nicht mehr.
      Ich möchte klare Geschmackserlebnisse genießen mit dem Gefühl meinem Körper etwas Gutes zu tun.
      Vielen lieben Dank für Ihren Beitrag.

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