Eine ungewöhnliche Anfrage
Wieder ein verregneter Morgen, ich stand auf, kochte meinen Kaffee und rief dabei meine Mails ab.Ein Ritual, das sich seit Jahren, in denen ich als privater Samenspender aktiv war, eingespielt hat.Dabei sehe ich mir immer die Zyklusdiagramme meiner Empfängerinnen an.
Ein privater Samenspender verhilft kinderlosen Paaren zu ihrem Wunschkind. Dabei spielt die sexuelle Gesinnung keine Rolle. Oft gehen lesbische Paare diesen Weg, in den letzten Jahren aber auch ebenso viele Singlefrauen. Familie heute funktioniert eben nicht mehr wie vor 30 Jahren.
Es ist ein interessantes Feld, in dem ich mich bewege, voller Überraschungen und Abenteuer.
Es ist eine eigene skurrile Welt, von deren Existenz die Wenigsten wissen.
Wer steht wann mit dem nächsten Versuch an, wer wird bald wissen, ob es geklappt hat oder nicht?Für mich ist es zur Gewohnheit geworden, den Tag mit den Zyklen der Frauen zu beginnen. Jeden Orgasmus zu planen, ist inzwischen Routine. Fortpflanzung ist ein knallhartes Business.
Ich überflog die Mails an diesem Morgen, sortierte diese in wichtige und unwichtige Fragen, in interessante und uninteressante Anfragen.
Dann öffnete ich eine Mail, in deren Betreff „Samenspende“ stand, absolut nicht ungewöhnlich, doch die Mail zog mich in ihren Bann, ich las mich ein und wurde neugierig auf die Frau hinter dem Text. Einer meiner ungewöhnlichsten Aufträge begann. Gut, dass ich vorher nicht wusste, was mich erwartete.
Die Mail Nachricht der Unbekannten lautete:
Hallo lieber Unbekannter,
mein Name ist Franziska Scheuer, ich bin 32 Jahre alt und lebe in Wien.
Beruflich leite ich die Rechtsabteilung eines Exportunternehmens. Ich habe Jura studiert, meine Mutter ist Italienerin, mein Vater war Österreicher.
Ich bin Single und leide unter meinem unerfüllten Kinderwunsch. Ich wünsche mir seit vielen Jahren ein Kind, doch durch diverse Umstände gibt es bei mir viele Probleme bei der Umsetzung.
Ihre Kontaktadresse habe ich auf der Seite Xy gefunden. Ich bin finanziell unabhängig und möchte Sie für ein erstes Gespräch buchen. Wäre dies möglich?
In der Hoffnung, von Ihnen zu hören, verbleibe ich hochachtungsvoll
Franziska Scheuer
Für mich las sich das auf den ersten Blick nicht so ungewöhnlich. Gelegentlich bekam ich Hunderte an Mails pro Woche. Dennoch war diese Nachricht anders, sehr förmlich und auf Distanz eingestellt. Es ist selten, dass man in der Szene mit „Sie“ angesprochen wird. Zudem gab diese Frau ihre Adresse und ihren reellen Namen bekannt, auch sehr ungewöhnlich in diesen Kreisen, zumindest bei der ersten Kontaktaufnahme.
Ich lies die Nachricht auf mich wirken und ging zu meinem geplanten Tagesablauf über. Am spätenAbend kam mir die Erinnerung an Franziskas Nachricht.
Ich setzte mich an meinem Laptop und schrieb ihr, wie ich es üblicherweise machte, mit einem Foto sowie einer Kopie meines Personalausweises.
Ich hielte mich eher zurück mit Informationen, denn ich war mir einfach nicht sicher, wer mir dort schrieb. Wenige Minuten später war die Antwort schon im Postfach.
Franziskas Nachricht sprudelte nur so vor Euphorie und Freude. Sie schrieb viel, dabei aber nur wenig Konkretes. Das Einzige, was ich wusste, war, dass sie unter einem unerfüllten Kinderwunschlitt und einen potenziellen Spender für die Realisierung ihres Kinderwunsches suchte.
Doch irgendetwas musste an der Geschichte faul sein, ich fragte nach einem Foto von ihr, doch sie schrieb mir kurze Zeit später, dass sie dies nicht schicken möchte.
Ich fragte, ob wir vorab persönlich sprechen sollten, vielleicht könnten so schon die ersten Fragen beantwortet werden. Auch das lehnte Franziska ab.
Sie bat mich, mir den Betrag zu nennen, den ich für ein Treffen verlangen würde.
Ich errechnete den Betrag und nannte Franziska die Summe, die ich als Aufwandsentschädigungveranschlage.
Franziska beantwortete jede Mail innerhalb von Minuten, ich war sprachlos über die Schnelligkeitihrer Antworten. Sie stimmte den Kosten zu, fragte nach meiner Bankverbindung und sendete noch am gleichen Abend den Zahlungsbeleg per Mail.
Es erfolgte kein Verhandeln, kein Nennen von Bedingungen, sie wollte einfach nur das Gespräch mit mir in Wien. Sie nannte es ein „alles entscheidendesTreffen“ in ihrem Leben.
Wenige Tage später stand ich frühmorgens am Bahnhof in Nordfriesland, um den Weg zum Flughafen Hamburg anzutreten. Dabei hatte ich ein mulmiges Gefühl, dieses blieb mir auch. Es war natürlich nicht mein erster Auftrag einer privaten Samenspende, auch das erste „Kennenlern-Gespräch“. Aber von Routine war in diesem Fall nichts zu spüren.
Als würde eine innerliche Stimme sagen: Sei Vorsichtig!
Zwei Stunden später kam ich am Flughafen an, holte mein Ticket ab, trank noch einen Kaffee imCoffeeshop und ging langsam zu meinem Gate.
Es regnete in Strömen und meine Stimmung schwankte zwischen Lustlosigkeit und Melancholie.
Zwei Stunden später landete ich nach einem ruhigen Flug am Wiener Flughafen, von dort aus nahm ich ein Taxi und fuhr in das Hotel, das ich vorab reserviert hatte.
So kam ich um 14 Uhr im Hotel an, bezog mein Zimmer, duschte mich und zog mich um.
Mit Franziska hatte ich vereinbart, dass wir gegen 18 Uhr telefonieren und den Treffpunkt festlegen wollten.
Die übrige Zeit nutzte ich, etwas durch Wien zu schlendern. Mein erster Weg war natürlich zum Café mit den leckeren Kalorienbomben von Linzer Torte bis zum Meindel-Streusel.
Die Zeit verging und schnell war es 18 Uhr, doch von Franziska fehlte jede Nachricht.Ungewöhnlich, dachte ich mir, war Franziska doch zuvor immer so pünktlich.
Kurz vor 19 Uhr erhielt ich eine SMS von Franziska mit der Adresse eines kleinen Biergartens im Westen von Wien. Ich wunderte mich, warum sie gerade diesen Ort gewählt hatte.
Rund dreißig Minuten später war ich an dem vereinbarten Biergarten, der mit wunderbaren Kastanien eine tolle schattige und schöne Umgebung ausstrahlte.
Nun wurde ich immer nervöser, denn ich hatte ja weder eine Vorstellung, wie Franziska aussieht, noch eine Vorstellung, ob sie alleine oder mit Partner kommen würde.
Ich hatte mir einen Platz gesucht, wo ich den Eingang des Biergartens gut im Auge hatte, um möglichst früh zu sehen, wer Franziska ist. Es kamen zahlreiche Besucher, doch immer wenn ich dachte, dass es Franziska sein könnte, liefen sie an mir vorbei.
Durch die Einzäunung des Gartens nahm ich nun eine…………
Ende der Leseprobe
Der Autor hat ein hochinteressantes Buch zu einem spannenden Thema geschrieben. Schonungslos beschreibt er seine Geschichte als privater Samenspender.
Ein privater Samenspender im Gewissenskonflikt. Eine Anfrage von einer Frau die im Rollstuhl sitzt. Soll er ihr helfen oder eher nicht.
Der Schreibstil lässt ein flüssiges lesen zu, aber, die Geschichte ist sehr bewegend so dass ich mehrmals innehalten musste um die Geschichte sacken zu lassen und um über das gelesene nachzudenken.
Die Samenspende immer noch ein Tabu in unserem, ach so aufgeklärten Land. Für den einen oder anderen ist dieses Buch sicherlich eine Provokation, aber ich denke über dieses Thema sollte gesprochen werden. Daher… Lest seine Geschichte…
LG
Thomas Jessen
unclethom
Mit Sicherheit ist die private Samenspende in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu-Thema, und das sollte sich möglichst schnell ändern. Allerdings bin ich der Meinung, dass Martin Bühler mit der Veröffentlichung seines ersten Buches “Der Samenspender” dafür schon den ersten “Grundstein” gelegt hat. Er hat u.a. Interviews im Fernsehen gegegen, Zeitschriften/Zeitungen haben über seine ehemalige Tätigkeit als Spender berichtet usw.
In dem Buch “Grenzwertig” geht es zwar auch um die private Samenspende, aber es beinhaltet noch ein weiteres Tabu-Thema. Franziska ist eine behinderte Frau, die im Rollstihl sitzt, und Martin um seine Hilfe bei ihrem Kinderwunsch bittet. Martin weiß über einen ziemlich langen Zeitraum nicht, ob es “Richtig” oder “Falsch” ist ihr mit einer Spende zu helfen.
Sollte er Franziska etwa nicht helfen, nur weil sie im Rollstuhl sitzt………Kann man deshalb gleich sagen” “Sie wird eine schlechte Mama”……..Vielleicht ist sie tatsächlich in manchen Momenten mit einem Kind überfordert, aber sind das “gesunde Mütter” nicht auch manchmal…………
Behinderte Menschen und auch ihre Angehörigen möchten ganz sicher kein Mitleid von unserer Gesellschaft, sondern ganz normal ihr Leben mit ihren ganz persönlichen Einschränkungen leben. Und dazu haben sie doch auch das Recht.
Vielleicht machen sich einige Menschen in unserer Gesellschaft einfach mal Gedanken darüber, warum sie eigentlich Vorurteile gegenüber behinderten Menschen haben. Jeder Mensch ist doch auf seine eigene Art und Weise irgendwie anders als andere…………..Vielleicht ist das Buch “Grenzwertig” auch der “erste Schritt” über Vorurteile nachzudenken…………..
Eine sehr schöne “Lebens”Geschichte, die wieder so viele Emotionen und Gefühle fließen lassen! Beim Lesen merkt man, wie hin- und hergerissen Martin ist/war und trotzdem muß ja über kurz oder lang eine Entscheidung getroffen werden!
Ein tolles Buch mit einem interessanten aber dennoch verschwiegenen Inhalt. Ich hoffe, unsere Gesellschaft wird weitsichtiger und einsichtiger und auch ein wenig rücksichtsvoller!
Es gibt viele Menschen, die krank/behindert sind und die trotzdem ein Anrecht auf die Erfüllung ihrer Wünsche und ihr Leben haben!
Ein tolles Buch, das hoffentlich viele Menschen aufrüttelt!!!!