Gleich vorweg, ich selbst bin parteilos und werde das auch bleiben. Ganz einfach deshalb, weil ich keine Partei finde, mit der ich komplett übereinstimme. Und Kompromisse sind nun mal nicht meine Stärke.
Ich bin schockiert über das Wahlergebnis vom Sonntag,eigentlich bin ich aber nach jeder Wahl schockiert. Ich habe mir das Wahlprogramm der AfD und auch die Leitlinien durchgelesen. Diese wirken sanft und nichtssagend, denn Antworten auf die Probleme in unserem Land geben sie nicht. Spätestens bei den Reden von Herrn Lucke wird mir aber übel, es sind viele Äußerungen darin enthalten, die einfach den Anschein erwecken, dass er rechtes Gedankengut vertritt. Nach einem solchen Wahlergebnis frage ich mich immer: Welche Bevölkerungsschichten wählen denn diese Parteien, vertreten sie alle rechtes Gedankengut? Nein, das glaube ich nicht. Das Wahlergebnis zeigt vielmehr, das unser Volk mit den etablierten Parteien unzufrieden ist.
Die Wähler suchen Alternativen für Deutschland und somit ist alleine der Name „Alternative für Deutschland“ sehr klug und überlegt gewählt. Doch, ich bin überzeugt, dass der Großteil unserer Bevölkerung kein „Nein“ zu Europa möchte.
Wir sehnen uns doch in Wirklichkeit nach Frieden, nach einem vereinten Europa, das aus vielen unterschiedlichen Kulturen besteht. Ein Europa, in dem man in Frieden nebeneinander lebt und solidarisch miteinander umgeht. Ein Europa, wo Minderheiten respektiert werden und jeder seine Meinung frei äußern darf. Ich will kein Deutschland, das eliminiert ist vom Rest der Welt. Und ich will kein Deutschland, das Waffen in Kriegsgebiete liefert. Ebensomöchte ich kein Deutschland, das an Kriegseinsätzen beteiligt ist.
Ich will aber auch kein Deutschland, das sich den USA unterwirft und alles bedingungslos abnickt. Die Welt ist aus den Fugen, nur einen Steinwurf von der Grenze Europas entfernt herrscht in der Ukraine Krieg. Im Nahen Osten eskaliert die Gewalt. In Syrien werden Menschen durch Diktaturen zur Flucht gezwungen. Im Irak werden nach unzähligen Kriegsjahren mehr Einheimische verfolgt als zu Zeiten von Sadam Hussein.
Was eine Welt, die aus den Fugen geraten ist, braucht, sind Vereinigungen, die dagegensteuern. Die Vorleben, was Solidarität ist. So stelle ich mir Europa vor.
Wie wunderbar ist es, wenn wir grenzenlos durch Europa reisen können. Wenn wir auf diese Weise unterschiedliche Kulturen kennenlernen dürfen und unseren eigenen Horizont dadurch erweitern können. Es ist doch großartig, wenn wir als eine der größten Wirtschaftsnationen sagen können:
Wir setzen uns für Flüchtlinge ein.Wir helfen denen die durch das soziale Netz gefallen sind.
Natürlich haben wir auch im eigenen Land Probleme. Auch das vereinte Europa hat Probleme mit sich gebracht. Aber jede Veränderung braucht Flexibilität und wir, das Fußvolk,müssen auch unseren Politikern zugestehen, dass sie Reformen korrigieren. Denn nicht alles ist vorhersehbar, weder im privaten noch im politischen Bereich.
Unabhängig davon, auf welche Partei ich heute einen Blick werfe, mir fehlen die Führungspersönlichkeiten in unserem Land. Die charismatischen Köpfe wie einst Willy Brand, Helmut Schmidt und ja, auch wenn ich es vor Jahren nicht für möglich gehalten hätte, ihn auf diese Liste zu setzen, Gerhard Schröder.
Unser Land braucht Politiker mit Visionen, mit Ecken und Kanten, die Ihren Mann stehen und ihre Positionen vertreten.Ich glaube, manchmal ist es besser für ein Land, einen falschen Weg einzuschlagen, als keinen Weg zu gehen.
Und wir, das Volk, führen Diskussionen, ob unsere Politiker zu viel verdienen. Da sage ich ganz klar, sie verdienen zu wenig. Zahlen wir unseren Politikern doch das dreifache an Bezügen. Im Gegenzug sind sämtliche Posten in der freien Wirtschaft während der Amtszeit und darüber hinaus untersagt. Keine Vorstandsposten, keine Mauschelei. Die Verquickung von Politik und Wirtschaft halte ich für ausgesprochen gefährlich. Natürlich möchte ich Politiker, die Erfahrung in der Wirtschaft haben,aber dazu muss doch niemand unzählige Aufsichtsrats- oder Vorstandsposten einnehmen.
Was ich heute an Politikern sehe – und das quer durch alle Parteien – sind Manager-Typen, gestriegelt ohne jedes Charisma. Aalglatt und smart. Marionetten der Weltpolitik.
Wir haben keine qualifizierte junge Politiker-Riege in unserem Land. Das ist die traurige Erkenntnis.
Und genau diese Tatsache führt dazu, dass Randparteien zu zweistelligen Wahlergebnisse kommen. Mal die NPD, mal die DVU oder eben die AfD.
Unser Volk ist unzufrieden, unzufrieden mit dem, wie Politik in unserem Land gestaltet wird.
Natürlich lässt es sich politisch toll vermarkten, wenn ein ausgeglichener Haushalt angestrebt und dann realisiert wird.Doch was ist der Preis für einen ausgeglichenen Haushalt?
Dass unsere Infrastruktur im Eimer ist? Vor 15 Jahren war ich in Rumänien unterwegs, ich habe immer über die tiefen Schlaglöcher in den Straßen geschmunzelt, heute braucht man nur auf die Straße neben an zu sehen, um Ähnliches festzustellen.
Vor Kurzem las ich ein Flugblatt, in dem die Eltern einer Grundschule aufgefordert wurden, Spenden zu sammeln, um ein paar Eimer Farbe für einen Anstrich der Schule zu organisieren. Ist das die Politik unseres Landes? Ist das unser Deutschland? Ist das unser Europa?
Ist nicht der Nationalsozialismus aus der gleichen Situationheraus entstanden, die wir stellenweise auch heute in unserem Land wiederfinden?
Ein unzufriedenes Volk bringt die größte Gefahr mit, dass radikale Kräfte an die Macht des Landes kommen. Werden diese radikalen Führungspersonen in die politische Verantwortung genommen, werden sie zwar entzaubert, der Schaden, der dann aber bereits angerichtet ist, ist irreparabel.Würde heute Adolf Hitler neu erscheinen, wir Deutschen würden den gleichen Fehler begehen wie in der dunklen Vergangenheit in unserer Geschichte.
Ich glaube, unser Land und unser Volk sind reif für eine friedliche, gewaltfreie Revolution.
Klare Stellungnahmen zu aktuellen politische Entscheidungen sind gefragt. Gehen wir auf die Straße und geben unserem Unmut laut Ausdruck. Stehen wir ein für das Europa, das wir uns wünschen.
Kämpfen wir friedlich für die Realisierung unserer Visionen, wir sind es uns, aber auch und vor allem den nächsten Generationen schuldig.
In diesem Sinn bis bald.
Martin Bühler